Flascherlpost by Julia Evers

Flascherlpost by Julia Evers

Autor:Julia Evers
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Anton Pustet
veröffentlicht: 2014-11-15T00:00:00+00:00


Mutter sein, ein Kinderspiel

„An die ersten sechs Monaten mit Kind erinnert man sich ohnehin eher schwammig und da auch nur an die sehr, sehr tollen Erlebnisse.“ Der, der mir ein E-Mail mit diesen Worten schrieb, ist zweifacher Vater, ein Experte sozusagen. Das E-Mail erreichte mich irgendwann mitten in der Nacht beim Stillen um halb drei. Sechs Monate, das erschien mir damals ewig weit weg, ich hatte doch keine Ahnung, wie ich nur den nächsten Tag halbwegs offenen Auges überstehen sollte. Tröstend war es dennoch.

„Nach drei Monaten wird es das erste Mal bedeutend leichter, nach sechs Monaten dann noch einmal.“ Als mir eine fremde Frau diese Worte mit auf den Weg gab, wunderte ich mich – wirkte ich nicht positiv und energiegeladen? Sah man mir meine Müdigkeit schon von Weitem an? Tröstend war es dennoch.

Jetzt ist das beste Baby längst ein halbes Jahr alt und was soll ich sagen – Mutter sein fühlt sich phasenweise an wie ein Kinderspiel. Die Welt, oder zumindest unser Wohnzimmer, wartet darauf von ihm entdeckt zu werden. Er robbt und rollt sich durch die Gegend, geht die Mutter kurz Wasser holen, findet sie ihn schon einmal genüsslich am Laptopkabel kauend wieder. Oder unter der Couch. Oder unter dem Wäscheständer.

3:10 bis 3:50, 4:40 bis 5:10, 6:30 bis 6:55: Diese Aufzeichnungen sagen mir nichts mehr, unvorstellbar, dass das einmal die Stillzeiten des besten Babys gewesen sein sollen.

Man kennt sich mittlerweile, man weiß, wann der junge Herr speisen möchte oder zu ruhen gedenkt. Im Babyalter war alles unglaublich dringend, zwischen friedlichem Schlafen und heftigem Alarmgeben lagen oft nur Sekunden. Jetzt ist das Konzept des Ablenkens bei uns angekommen, das Beruhigen, das Spielen.

Duschen ist längst nicht mehr Errungenschaft, sondern wieder Selbstverständlichkeit. Wieso war die Zeit dafür anfangs so schwer zu finden, das Baby hat doch ohnehin nur geschlafen?

Offensichtlich ist es so weit: Das Vergessen beziehungsweise die Hormonumstellung hat zugeschlagen, die Erinnerung wird in eine rosarote Wolke getaucht. Ein halbes Jahr hat das gedauert. Falls das jemandem ein Trost ist.



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